„Carpe Noctem“ in Haltern: Flucht aus Aliso

07.10.2024 Carolin Steimer

Die Spielenden machen sich sofort daran, die Rätsel des Fluchtplans zu lösen (Foto: LWL/J. Großekathöfer).

Ein Erlebnisbericht

Mittwochabend hinter dem LWL-Römermuseum. Es ist eine bunte Gruppe aus vier jungen Leuten, die sich vor dem Wachhaus auf der Römerbaustelle Aliso zusammengefunden hat. Das Ziel ist klar: dem Escape Room „Carpe Noctem: Flucht aus Aliso“ entkommen. Auch Spielleiterin Ulla steht parat, und führt gekonnt – mit Papyrusrolle in der Hand – in die Zusammenhänge ein.

Wo und in welcher Zeit befinden wir uns? Was genau ist die Geschichte, der es auf die Spur zu kommen gilt? Dann schließt sich die Tür, es ist absolut düster. Eine eindringliche Stimme aus dem Off ertönt und die Vier sind sofort mittendrin im Spiel. Alles dreht sich um einen Fluchtplan, mit dem es doch noch gelingen soll, der verzweifelten Lage im von Germanen belagerten Aliso zu entfliehen. Aber leichter gesagt, als getan. Es ist jede Menge Teamwork und Um-die-Ecke-Denken gefragt.

Während des Spiels wird das gesamte Wachhaus erkundet, vom großen Hauptraum bis zur Schreibstube (Foto: LWL/J. Großekathöfer).

Nach 50 Minuten ist es geschafft, die Germanen sind überlistet und der rettende Weg zum Rhein ist frei. Alle Vier erhalten lobende Worte und eine Geschafft-Karte von Ulla. Auch ein Erinnerungsfoto in der besonderen Kulisse des Wachhauses gehört dazu. Gefragt, was die größte Herausforderung war, meint Adrian: „Ab und zu hatten wir die Situation, dass alle eigentlich dieselbe Idee hatten. Nur dadurch, dass wir alle gleichzeitig laut dachten, haben wir uns doch eher durcheinandergebracht.“ Das war sicherlich auch dem unterschiedlichen Erfahrungsstand in Sachen Escape Rooms innerhalb der Gruppe. „Aber dafür, dass wir uns noch gar nicht oder nur kurz kannten, lief es doch ziemlich gut“, fügt er hinzu. Lena gefällt eine Sache besonders: „Super, dass die Tipps im Spiel vom Centurio und eben nicht von der Spielleitung kamen. So blieb man in der Geschichte. Das kannte ich bisher so nicht.“

Alle sind sich einig, dass einen extra Reiz der historische Schauplatz ausmacht, an dem gespielt wird. Das Wachhaus ist zwar nachgebaut, aber genau an der Stelle, an der es vor 2.000 Jahren von den Römern errichtet wurde. Seine heutige Inneneinrichtung ist möglichst authentisch gestaltet – und ebenso der erste Römer-Escape-Room Europas. Er entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der Firma Adventurebox Münster und den Wissenschaftler:innen des LWL-Römermuseums. Damit ist er ein weiterer Baustein für das LWL-Römermuseum, Geschichte erleb- und nachvollziehbar zu machen.

Es ist geschafft und ein Erinnerungsfoto gehört natürlich dazu (Foto: LWL/J. Großekathöfer)

Das Spiel
In einem Römerlager an der Lippe vor 2.000 Jahren: Die Teilnehmer:innen gehören zu den letzten Legionären, die in Aliso, so der Name des Lagers, die Stellung halten. Sie werden von Germanen belagert, die die Versorgungswege abschneiden. Die Nahrung wird knapp und die Hoffnung auf einen Sieg schwindet.

Dann gibt der Centurio den Auftrag: Die Gruppe soll aus dem Lager entkommen. Einen entsprechenden Fluchtplan hat er bereits vorbereitet, denn die Schlacht vor den Toren von Aliso kippt zusehends zu Ungunsten der Römer. Um das Blatt nun noch zu wenden, bedarf es einer wohldurchdachten List. 

Während sich die letzten Legionäre auf den Mauern halten, durchsucht die Gruppe das Wachhaus nach dem Fluchtplan, den der Centurio gut versteckt hat - denn wenn sein Plan in die Hände des Feindes gerät, ist Aliso endgültig verloren. 

Die historische Kulisse
Der Escape Room ist eine authentische Kulisse am originalen Ort: Direkt hinter der Holz-Erde-Mauer auf dem Außengelände des LWL-Römermuseums in Haltern am See wurde 2022 aufwändig ein römisches Wachhaus samt Inneneinrichtung vom LWL rekonstruiert – mit finanzieller Unterstützung des NRW-Heimatministeriums.

Entdeckt hatten Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen das Gebäude im Jahr 2013. Sie konnten Pfostenspuren freilegen, die sich wie Puzzleteile zu einem ungewöhnlichen Grundriss zusammenfügen ließen: einem fast 120 Quadratmeter großen Raum mit einer vorgelagerten Säulenhalle.

Aufgrund der Nähe zur Wehrmauer und zum Westtor kam man zu der Überzeugung, dass es sich um ein Wachhaus gehandelt haben muss. Denn das Torgebäude befand sich an der Außengrenze des Lagers. Hier wurden vermutlich die angelieferten Waren kontrolliert und aufgelistet sowie Personen kontrolliert.

Im großen hallenartigen Hauptraum bewahrten die Legionäre möglicherweise ihre Geschütze auf, die für die Verteidigung des Lagers notwendig waren. Wahrscheinlich war auch die Mannschaft, die Dienst auf der Mauer hatte, hier untergebracht. So musste sie im Verteidigungsfall mit diesen Waffen nur kurze Wege zurücklegen.

Hintergrund-Informationen

Am Spiel teilnehmen können zwei bis sechs Personen, empfohlenes Mindestalter ist 14 Jahre. Das Spiel dauert etwa 60 Minuten. 

Weitere Informationen und Tickets gibt es unter escape-aliso.de.


Julia Großekathöfer

Schlagwort: Wachhaus