Superstar in der Arena

23.08.2024 Carolin Steimer

In originalgetreuer Ausrüstung tritt Gladiator Youl Samaré seinem Gegner bei den Römertagen im August entgegen.

Gladiator Youl Samaré im Interview

Am letzten Wochenende in den Sommerferien (17. und 18.8.) ist es wieder so weit: Die Legionäre schlagen auf dem Gelände des LWL-Römermuseums ihre Zelte auf. "Brot und Spiele" ist das diesjährige Motto der Römertage. Erstmals in Haltern am See zu Gast sind die Superstars der Antike: Gladiatoren, die in einer Arena ihre eindrucksvolle Kampfkunst vorführen. Einer von ihnen ist Youl Samaré.

 

Wie sind Sie dazu gekommen, bei den Römertagen als Gladiator aufzutreten?

Schon seit Anfang 2000 arbeite ich als Schauspieler und Stuntman. Im Juli 2012 bin ich für das Römerfest im LVR-Archäologischer Park Xanten gebucht worden. Während dieser Veranstaltung habe ich den Historiker und Experimentalarchäologen Marcus Junkelmann kennengelernt. Er hat sich bundesweit einen Namen gemacht, als er mit anderen Interessierten die Waffen und Ausrüstung der römischen Legionäre rekonstruiert und im praktischen Experiment getestet hat. 1985 hat er zum Beispiel einen Alpenübergang mit den Methoden und der Ausrüstung der römischen Infanterie umgesetzt. In Xanten war ich außerdem Trainingspartner für Ralf Möller und Henri Maske, die dort als Gladiatoren aufgetreten sind. Von da an war meine Leidenschaft für die Gladiatur geweckt und ist bis heute geblieben.

Zur Ausstattung von Youl Samaré gehören ein spezieller Helm, ein Schild, ein gepolsterter Hand- und Armschutz, eine Beinschiene sowie ein Lendenschutz und natürlich die Waffe.

In welche Rolle als Gladiator schlüpfen Sie und was gehört zu Ihrer Ausstattung?

Ich kämpfe in den Gattungen Murmillo, das ist ein schwer bewaffneter römischer Gladiator – für gewöhnlich mit geradlinigem Kurzschwert, dem sogenannte Gladius mit einer Klingenlänge von 20 bis 30 Zentimetern oder als „Secutor“ (Verfolger), der dieselbe Waffe trägt. Beide tragen rechts einen Hand- und gepolsterten Armschutz („Manica“) sowie eine Beinschiene. Ein großer Schild (das „Scutum“) und einen Lendenschutz (das sogenannte Subligaculum“) gehören ebenfalls zur Ausstattung.

Während der Murmillo einen klassischen römischen Helm mit Kamm trägt (ähnlich einer Fischflosse) ist die Besonderheit des „Secutors“ ein Helm, der das gesamte Gesicht bedeckt und am Hals abschließt. Kleine, runde Sehschlitze geben die Sicht frei, beeinträchtigen aber doch erheblich das Sehfeld und lassen wenig Luft zum Atmen.

Was sollte man als Gladiator mitbringen?

Ein Gladiator sollte sportlich, ausdauernd sein und Spaß am kämpferischen Zweikampf haben. Sportsgeist, Selbstdisziplin und Teamfähigkeit sind unerlässlich, um sich selbst und andere nicht zu verletzen.

Sahen denn wirklich alle Gladiatoren so athletisch aus? Gab es unter ihnen auch Frauen?

Die historischen Abbildungen, die man zum Beispiel in Form von Mosaiken oder Glasgefäßen gefunden hat, stellen Gladiatoren in jeder Größe und Statur dar. Es gab auch Frauen in der Arena, was sehr umstritten war. Sie waren aber nicht an den Hauptkämpfen beteiligt, sondern wurden nur in der Mittagszeit zur Belustigung eingesetzt. Die Gladiatorinnen lebten genauso wie die Männer, als rechtlose Sklavinnen in den sogenannten Gladiatorenschulen, wo sie ausgebildet wurden. Die Gebäude („Ludus“) gehörten meist Privatpersonen und befanden sich oft in unmittelbarer Nähe der Arena. In Rom beispielsweise war das Kolosseum durch einen unterirdischen Gang mit der Gladiatorenschule verbunden. So konnten die Sklav:innen direkt dort einziehen.

Was war in der Antike die Motivation, an Gladiatorenkämpfen teilzunehmen? Endeten diese oft tödlich?

Die ersten Gladiatoren waren oft versklavte Kriegsgefangene, später kamen „normale“ Sklaven dazu, die von ihren Herren an eine Gladiatorenschule verkauft worden waren. Oder es waren verurteilte Verbrecher und Kriegsgefangene. Nach und nach kamen auch Männer dazu, die von Anfang an freiwillig die Gladiatoren-Laufbahn einschlugen. Einige Gladiatoren waren wirkliche Superstars, die vom Publikum bewundert und umschwärmt wurden.

Ausgebildete Gladiatoren stellten einen hohen Wert da. Der Tod eines Gladiators war für den Veranstalter sehr teuer, der Ausfall musste dem „Lanista“ (Gladiatorenmeister, meist auch Besitzer der Schule) ersetzt werden. Man hat mal für das erste Jahrhundert nach Christus ausgerechnet, dass nur ungefähr zehn Prozent aller Gladiatorenkämpfe tödlich endeten. Dass auch das Publikum durch Handzeichen mitbestimmen konnte, ob ein Gladiator getötet werden sollte oder leben durfte, stimmt. Einige wenige Gladiatoren sind sogar bekannt, die sich mit ihren erkämpften Siegprämien als reiche Männer zur Ruhe setzen konnten.

Im August tritt Youl Samaré im Rahmen der Römertage des LWL-Römermuseums als Gladiator auf.

Wie bereiten Sie sich auf die Römertage vor?

Ich trainiere das ganze Jahr über für die Gladiatorenkämpfe, um die Verletzungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Zusätzlich gestalte ich das Training für unsere Gladiatorenschule „Amor Mortis“. Denn Gladiatorenschulen gibt es tatsächlich auch heute noch – nicht nur in Rom. Wir sind bemüht, die antike Tradition so originalgetreu wie möglich darzustellen. Zur Vorbereitung gehört aber auch die Pflege und Prüfung der Ausrüstung. Schließlich treten wir mit Waffen aus Metall gegeneinander an. Diese haben allerdings keine scharfen Klingen, so dass das Verletzungsrisiko überschaubar bleibt.

Was können die Besuchenden bei den Römertagen erwarten?

Die Besucher:innen können sich auf authentische und historisch belegte Darstellungen freuen. Wir präsentieren mit viel Begeisterung und Liebe zum Detail alle bekannten Gattungen der „Gladiatur“, das heißt den Kampf der Gladiator:innen untereinander. Dabei halten wir uns an die klassischen Gegner bzw. Paarungen aus der Zeit des ersten Jahrhunderts nach Christus.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Rolle? Übernehmen Sie noch andere römische Rollen?

Ich schätze den fairen Zweikampf, unsere Kämpfe sind nie choreografiert, das heißt der Sieger oder die Siegerin steht nie vorher fest. An meinen beiden Gattungen, „Murmillo“ und „Secutor“, mag ich die großen Schilde und die dazu gehörigen agilen, schnellen Gegner, die immer wieder herausfordernd sind. Während der Veranstaltungen bin ich auch Trainer der Gruppe und gelegentlich als „Summa Rudis“, also Schiedsrichter, in der Arena.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade als Gladiator auftreten?

Dann bin ich ein ganz normaler Familienvater – mein Geld verdiene ich als Personaltrainer und Stuntman für Film- und Fernsehproduktionen, wie „Galileo“ oder „Alarm für Cobra 11“.

 

Vielen Dank für das Gespräch und die spannenden Einblicke in das Leben eines Gladiators vor 2.000 Jahren. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen bei den Römertagen des LWL-Römermuseums in Haltern am See.

Schlagwort: Reenactment