Zwei Juliwochen im Römermuseum

26.07.2023 Josef Mühlenbrock

9 nach Christus: Ganz Germanien ist von den Römern befreit! Ganz Germanien? Nein, ein römisches Legionslager hält sich tapfer und schafft es, den Angreifern Widerstand zu leisten – Aliso!

Dorthin habe ich mich in den letzten zwei Wochen begeben, um auf den Spuren der Römer zu wandeln und etwas über den Museumsalltag hinter den Kulissen zu erfahren. Eigentlich bin ich ja wissenschaftlicher Volontär in der LWL-Stadtarchäologie in Paderborn, aber der Landschaftsverband ermöglicht es seinen Volontär:innen, auch für ein bis zwei Wochen einen Einblick in andere Einrichtungen zu bekommen, über die Hospitation.

Vermittelt durch meine Chefin, Dr. Sveva Gai, den Museumsleiter Dr. Josef Mühlenbrock und die örtliche Grabungsleiterin Dr. Bettina Tremmel konnte ich also für zwei Wochen nach Haltern kommen und mir anschauen, wie der Hase im Museum und bei der Grabung hier läuft.

Und welcher Monat wäre dafür besser geeignet, als der Juli, in dem selbst wir Neu-Germanen noch dem großen Caesar dafür unseren Tribut zollen, dass er es als erster Römer über den Rhein geschafft hat. (Zugegeben der August, aber der war mir zu heiß.)

Also den Koffer für zwei Wochen gepackt, alles ins Auto geladen und bei Sturm und bei Regen nach Haltern gedüst! Hier angekommen, wurde ich gleich freundlich begrüßt und bekam auch prompt einen eigenen Schlüssel für das Grabungshaus, wo ich für die nächsten zwei Wochen übernachten würde.

Damit war ich dann wortwörtlich im Zentrum des Geschehens, da das Grabungshaus direkt zwischen Römerbaustelle Aliso und dem Museumsbau liegt.

Banner für den Graffiti-Workshop.

Am Montag wurde ich auch sofort in die vielfältige Museumsarbeit miteinbezogen, denn einerseits galt es, einen Social Media-Beitrag zur Vorbereitung des Graffiti-Workshops am 15. und 16. Juli zu schreiben und andererseits mussten die Banner aufgehängt werden, welche dann am Wochenende besprüht werden sollten. Außerdem wurde in zwei Besprechungen die Aufgaben für die Woche und der Social Media-Auftritt diskutiert.

Anprobe der Replik des Schienenpanzers aus Kalkriese.

Für Dienstag stand dann eine Dienstreise zum Museum und Park Kalkriese Varusschlacht im Osnabrücker Land an, wo gerade die Dauerausstellung „Cold Case – Tod eines Legionärs“ läuft. Dort wird erstmals der neue Schienenpanzer gezeigt, der 2019 im Block geborgen und seitdem restauriert wurde. Die gewonnenen Erkenntnisse sind für das Römermuseum auch sehr wichtig, weswegen wir uns die Ausstellung sehr genau vom Geschäftsführer Dr. Stefan Burmeister erklären ließen.

Bei dieser Gelegenheit haben wir auch eine Replik des Schienenpanzers anprobiert, um dann aus erster Hand über den Tragekomfort berichten zu können.

Unser Fazit: Eine gelungene Ausstellung, die zwar keine abschließende Antwort auf das Schicksal eben jenes Legionärs bieten will und kann, der in der neuen Kalkrieser Lorica Segmentata gestorben ist. Dafür stellt sie aber gute Diskussionsansätze bereit, die von den Besucher:innen auch angenommen werden wie das Besuchsbuch beweist.

 

Am Mittwoch und Donnerstag bekam ich dann erste Halterner Grabungserfahrung am Uferkastell, wo aktuell ein Gebäudegrundriss freigelegt und dokumentiert wird. Hier habe ich wieder festgestellt, dass es sich überall anders gräbt, vor allem, weil in Haltern eher Sandboden vorherrscht, der sich ganz anders unter Kelle und Kratzer verhält, als der Paderborner Lehm.

Allerdings fühlte ich mich dann auch gleich wie Zuhause, weil wir zu einer Baustelle gerufen wurden, wo Teile von Bauornamentik aus dem Trümmerschutt des Weltkrieges hervorragten. Diese standen im Verdacht, zum alten Römermuseum zu gehören und wurden daher penibel eingesammelt. Das alte Museum hatte leider einen Bombentreffer erhalten und war nach dem Krieg komplett abgeräumt worden.

Am Freitag wurden dann die letzten Vorbereitungen für den Graffiti-Workshop abgeschlossen, bevor es dann Samstag und Sonntag an die Sprühflaschen ging.

Ergebnisse des Graffiti-Workshop.

An diesem Wochenende bot das Römermuseum nämlich in Zusammenarbeit mit dem Graffiti-Künstler Mark Kemper einen Workshop für kleine und große Künstler:innen an. Da wurden dann die, oben erwähnten, Banner und außerdem noch Stofftaschen besprüht und bemalt. Es gab einige Vorlagen, darunter römische Sprichwörter, wie Pecunia non olet, und Tiermotive, wie Adler, Wolf und Skorpion. Aus diesen gestalteten die Kinder dann über 100 Taschen, von denen keine der anderen glich.

Passend zum „Dies Solis“, dem Sonnen-Tag herrschte Kaiserwetter, bei dem im Außengelände auch die Banner fleißig „beschmiert“ wurden und Sonntagabend in Aussehen und Inhalt sehr den Hauswänden von Pompeji glichen: Karikaturen, Namensinschriften und berühmte Zitate, alles ist vertreten. Außerdem wurden persönliche Helden von Pacman über Obelix bis zum Gladiator dort verewigt.

Feuerstelle im Wachhaus.

Der Start in die zweite Woche brachte dann die Aufräumarbeiten nach dem bunten Treiben, die aber auch schnell erledigt waren. Der restliche Tag verlief dann ruhig mit verschiedenen kleineren Arbeiten, bis mittags neue römische Ziegelplatten für die Feuerstelle im Wachhaus angeliefert wurden.

Nach antikem Vorbild im LWL-Ziegelemuseum Lage gebrannt wurden sie dann Dienstag im Wachhaus mit vereinten Kräften eingebaut und kleinere statische Probleme gekonnt behoben.

Anfertigung einer Zeichnung auf der Ausgrabung.

Von Mittwoch bis Freitag ging es dann nochmal bei besten Wetterbedingungen auf die Grabung. Dort stand zunächst ein Schnitt durch den Spitzgraben an, um ihn dokumentieren zu können. Dieser war vor über 100 Jahren, mit dem Rest des Uferkastells, bereits ausgegraben und dokumentiert worden. Allerdings hatten die Altausgräber in diesem Fall die Wände des ausgehobenen Grabens mit Grassoden belegt und für Besucher:innen auf dem Weg vom Bahnhof zur Stadt zur Besichtigung offen gelassen. Die Reste dieser Grassoden zeichnen sich heute noch zwischen Verfüllung und anstehendem Boden ab!

Donnerstag und Freitag war dann Zeichnen angesagt. Für mich ziemliches Terra Incognita, weil es leider bisher wenig Gelegenheiten dazu gab. Also unter fachkundiger Anleitung frisch fromm fröhlich frei ans Werk! Nach der ersten Zeichnung wusste man auch in etwa, worauf es ankommt und die Ergebnisse waren offenbar zufriedenstellend.

Der letzte Tag bedeutete leider auch schon wieder den Abschied in Richtung Paderborn. Davor wurde aber noch Klarschiff in der Wohnung gemacht, man will ja nicht als Schmutzfink nach Hause gehen! Und um den Trennungsschmerz zu versüßen, gab es noch Kuchen und ein kleines Taschentuch aufs Haus!

Um zur Conclusio zu kommen, haben mir die zwei Wochen in und um Aliso sehr gut gefallen! Sowohl die Einblicke in die hiesige Museumsarbeit als auch die Arbeit auf der Grabung waren sehr spannend und haben mit viele Inspirationen gegeben, gerade für das potentielle Römerlager in Paderborn, dessen Spuren gerade gesucht werden.

In diesem Sinne: Valete und auf bald!